Der Berliner Mietspiegel wird alle zwei Jahre von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung herausgegeben. Er sollte nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen und unter Beteiligung der Vermieter- und Mieterverbände erstellt werden und das Mietniveau der bestehenden Nettokaltmieten auf Basis der letzten vier Jahre wiederspiegeln. Dass es mit den wissenschaftlichen Grundsätzen so eine Sache ist, hat sich vor Berliner Gerichten schon gezeigt. Dennoch hat er sich als befriedendes Element zwischen Vermietern und Mietern über Jahrzehnte hinweg bewährt. Bis jetzt?
Ergebnisse
Wenig überraschend: die Mieten sind gestiegen. Laut Erhebung um 4,6% per anno in den letzten zwei Jahren, in den zwei Jahren zuvor jeweils um 2,7%. Besonders hohe Dynamiken von 13% ergaben sich in Bezirken wie Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte. Während die aktuelle Nettokaltmiete in Berlin im Schnitt bei 6,39€/qm liegt – und damit 55 Cent über dem Wert von vor zwei Jahren, liegt sie in jenen Bezirken bei 7,41%.
Die vormals einfachen und nun speziell bei jungen Menschen hochbegehrten Altbauten in Wohnlagen wie Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg oder Pankow können Wachstumsraten von über 9% verzeichnen, wohingegen der Berliner Durchschnitt bei 6,3% liegt. In mittleren Wohnlagen zahlen Mieter für große Gründerzeit-Wohnungen ab 90qm im Schnitt sogar über 16% mehr als vor zwei Jahren.
Trotz der großen Anstiege bei Altbauwohnungen sind die absoluten Mieten bei Neubauwohnungen am höchsten. Gerade kleine Neubauwohnungen unter 40qm in mittlerer Lage verzeichnen mit 14,19€/qm den höchsten Nettokaltmietenwert. Große Wohnungen über 90qm in einfacher Lage kommen auch immerhin noch auf 10,7€/qm.
Der Eklat
Während Stadtentwicklungssenatorin Lompscher zum einen die anhaltende Attraktivität Berlins und die daraus folgende Wohnungsknappheit sowie die mangelnden Möglichkeiten, die Mietpreise regulieren zu können, als Ursache für die starken Anstiege der Nettokaltmieten hält, ist man auf Vermieterseite völlig konträrer Meinung.
Zwei der drei Vermieterverbände („Haus und Grund“ sowie der „Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen“), die an dem Mietspiegel mitarbeiten, haben ihn nicht unterzeichnet. Die Weigerung hat zwar keinen Einfluss auf die Veröffentlichung, denn es reicht, wenn die zuständige Stadtentwicklungssenatorin unterschreibt, dennoch ist es ein starkes Signal. Die Kritik führt an zwei Themenkomplexen entlang, die nachfolgend erläutert werden:
• Dauerbrenner Mietpreisbremse: Die Vermieterverbände sin sich sicher, dass ohne das Instrumentarium der Mietpreisbremse kein so drastischer Anstieg der Mieten zu verzeichnen wäre. Das Argument ist schlüssig: der Mietspiegel wird im Wesentlichen von den Bestandsmieten und nicht den Neuvermietungen bestimmt. Da die Mietpreisbremse aber nur bei Neuvermietungen greift, hat man vorausschauend flächendeckend im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die Miete der Bestandsmieter erhöht.
• Streichung der Sondermerkmale: Statistiker hatten methodische Kritik am Berliner Mietspiegel geübt, der bislang sog. „Sondermerkmale“ vorsah. Mithilfe dieser Sondermerkmale konnten Hauseigentümer die Miete einer besonders gut ausgestatteten Wohnung noch einmal bis zu 3,50€/qm über die Vergleichsmiete hinaus anheben. Durch das Wegfallen der Sondermerkmale wird die ortsübliche Miete verzerrt dargestellt, so die Kritik. Besonders verärgert sind die Vermieterverbände darüber, dass zwei verhandelte Kompromissvorschläge gänzlich vom Tisch gewischt wurden.
Fazit und Ausblick
Die Vermieterverbände erwarten für den nächsten Mietspiegel 2019 weiterhin deutliche Steigerungen, da sie Verlässlichkeit und sichere Rahmenbedingungen vermissen, die es für langfristige Investitionen braucht. Die politischen Regulierungen führen aus ihrer Sicht nur zu einer Verhinderung der so dringend benötigten Investitionen in Neubauten. Sie führen auf, wie seit Jahrzehnten in Berlin ansässige mittelständische Unternehmen bereits in das Umland abwandern, was man deutlich an der aktuellen Quartalszahl der Baugenehmigungen ablesen kann. Sie prognostizieren, dass die Folgen der politischen Regulierungen mit zeitlicher Verzögerung voll in einen sich weiter verengenden Markt hineinkrachen werden.
Quellen:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/neuer-berliner-mietspiegel-altbaumieten-steigen-am-staerksten/19825396.html
http://www.berliner-zeitung.de/berlin/steigende-mieten-in-berlin-acht-wichtige-fragen-zum-berliner-mietspiegel-1242530
http://www.bfwberlin.de/
http://www.skjerven.com/