Gebäude mit Geschichte – Sowjetisches Ehrenmal Treptow
Das sowjetische Ehrenmal in Treptow, idyllisch und etwas versteckt im Treptower Park errichtet, ist das größte der vier nach dem zweiten Weltkrieg von der Roten Armee in Berlin errichteten Ehrenmale und das insgesamt größte in Deutschland. Sie sollen nicht nur die Befreiung vom Nationalsozialismus symbolisieren, sondern auch als Gedenkstätten in Verbund mit Soldatenfriedhöfen erinnern. In der Schlacht um Berlin fielen damals insgesamt an die 80.000 sowjetische Soldaten, über 7.000 von ihnen sind am Ehrenmal Treptow bestattet worden. Die anderen drei sowjetischen Ehrenmale befinden sich im Großen Tiergarten, in der Schönholzer Heide und im Bucher Schlosspark. An derselben Stelle befand sich zur Kaiserzeit ein hippodromförmiger Spiel- und Sportplatz für Kinder, der Teil des 1876-1888 errichteten Volksparks war.
Bau
1946, also kurz nach Kriegsende, lobte die sowjetische Kommandantur einen Wettbewerb zur Gestaltung einer Denkstätte aus, bei dem insgesamt 33 Entwürfe eingereicht wurden. Ab 1946 umgesetzt wurde dann der Vorschlag eines „Schöpferkollektivs“ bestehend aus Architekt Jakow S. Belopolski, Bildhauer Jewgeni W. Wutschetitsch, Maler Alexander A. Gorpenko und Ingenieurin Sarra S. Walerius; eingeweiht wurde das Ehrenmal dann feierlich im Mai 1949. Die Errichtung des Ehrenmales wurde von den Sowjets mit Vorrang behandelt, obwohl durch die Zerstörung während des Krieges noch großer Wohnraum- und auch Baustoffmangel bestand. Aber man scheute keine Kosten und Mühen: rund 40.000 Tonnen Granitstein wurden aus einem Lager in der Nähe von Eisenhüttenstatt importiert. Die Nazis hatten diesen seit den späten 30er Jahren in Norwegen und Schweden angekauft, um damit ihre Vorstellungen vom Umbau Berlins in „Germania“ umzusetzen. Die Verwendung ausgerechnet dieses Steins hat also großen symbolischen Charakter.
Darüber hinaus wurde auf jeden Pomp und Dekorative Elemente verzichtet, die Anlage imponiert durch ihre schiere Größe und die wuchtige Formsprache des sowjetischen Realismus. Das zentrale Element auf einem russischen stellt einen russischen Soldaten mit gesenktem Schwert dar, der mit dem Fuß ein Hakenkreuz zertritt, auf dem Arm ein an ihn gelehntes Kind. Um die Darstellung des Kindes ranken sich zahlreiche Legenden: mal ist von einem Schöneberger Kind die Rede, das aus Ruinen gerettet wurde, mal soll es Deutschland darstellen, mal soll es den Sozialismus symbolisieren, der gen Westen getragen wird.
Problematische Gäste und frische Schlagzeilen
Immer am 9. Mai finden Gedenkfeierlichkeiten an dem Ehrenmal statt. Zu DDR-Zeiten waren diese natürlich politisch hoch aufgeladen und entsprechend groß dimensioniert. Nachdem 1989 das Ehrenmal mit rechtsextremen Parolen verunstaltet wurde, fand 1990 eine große Protestkundgebung statt. Heutzutage bildet sich das ganze politische Spektrum an dem Mai-Feiertag ab: während traditionell die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, eine zeitweise sogar unter Beobachtung des Verfassungsschutz stehende kommunistische Vereinigung zu den Feierlichkeiten am 9. Mai einlädt, gesellen sich in letzter Zeit russische Rechtsradikalenverbände zu den Gästen. 2013 wiederum erschien der „Traditionsverband Nationale Volksarmee“ komplett in Uniform, Fahnen und Maschinenpistolen – trotz striktem Uniformverbot; wenig verwunderlich, dass sich die deutschen Politiker hier rar machen; mit Geschichtsklitterern und Radikalen mag man sich nicht umgeben. Und so liest man in den gängigen Touristenstadtführern auch eher selten von dem Denkmal, dass doch eigentlich eher zu Stille und Besinnlichkeit einlädt denn zu „Tamtam“.
Ganz frisch in die Schlagzeilen geriet das Ehrenmal im Zusammenhang mit dem Lollopalooza-Festival 2016. Obwohl der Park erst vor kurzem für einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag saniert wurde, beschloss man, hier ein Musikfestival mit geschätzten 70.000 Besuchern auszutragen. Neben den zu erwartenden (und z.T. eingetretenen) Schäden für die Grünanlage war die „Störung der Totenruhe“ ein Argument der Festivalgegner.
Fazit
Der Treptower Park mit dem Ehrenmal lädt geradezu ein zu einem besinnlichen Herbstspaziergang. Die weitläufige Anlage, aber vor allem das Ehrenmal selbst mit seinen imposanten Dimensionen und klaren, harten Bildern ist beeindruckend im historischen Sinne und verrät viel über die Zeit, in der es gebaut wurde. Es ist ein Denkmal, das berührt, aber auch ein touristisches Highlight für Menschen, die Berlin außerhalb der üblichen Trampelpfade erleben und im wörtlichen Sinne: begehen wollen.
Quellen:
http://www.rbb-online.de/politik/thema/2015/70-jahre-kriegsende/beitraege/sowjetisches-ehrenmal-im-treptower-park.html
http://portal-militaergeschichte.de/albers_ehrenmal
https://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetisches_Ehrenmal_im_Treptower_Park
http://www.blogrebellen.de/2016/09/08/lollapalooza-stinkt/
http://www.blogrebellen.de/2016/09/17/so-sieht-der-treptower-park-nach-dem-lollapalooza-aus/
Video mit reichlich historischem und aktuellen Bildmaterial:
https://www.youtube.com/watch?v=2Xx5FGrLVcs