IVD Berlin-Brandenburg e.V.

Gebäude mit Geschichte: St. Petri – St. Marien in Mitte

Marienkirche1Denkt man an den Bezirk Mitte, hat man gleich eine ganze Reihe von Denkmälern und Gebäuden vor dem geistigen Auge – alle touristisch hocherschlossen und quasi Pflichtprogramm für jede*n Berlin-Besucher*in. Die Marienkirche jedoch gehört eher nicht dazu: im Schatten des gar übermächtigen Fernsehturms am Alexanderplatz und den umstehenden riesigen Plattenbauten wirkt sie trotz ihrer vergleichsweise geringen Größe widerspenstig, ja, fast ein bisschen frech.

Bau und erste Jahre
Wann genau die Marienkirche gebaut wurde, ist ungewiss – urkundlich erwähnt jedenfalls wurde sie erstmals im Jahre 1294 und ist damit eine der ältesten Pfarrkirchen Berlins. Sie wurde über die Jahrhunderte hinweg mehrfach erweitert und verändert. Zum Beispiel haben die beiden großen Stadtbrände 1368 und 1380 die Kirche nachweislich beschädigt – bei der Wiederherstellung hat man die Kirche im hochgotischen Stil modernisiert. Der Westbau aus grobem Granitquaderwerk wurde erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts begonnen. 1661 wurde der Turmhelm durch einen Blitzschlag zerstört (und wieder erneuert) und in den Jahren 1817/18, 1893-95 und 1969/70 wurden größere Restaurationen durchgeführt – so erhielt die Kirche im Zuge der letzten Restauration z.B. das spätgotische Westportal.

Die Marienkirche zur DDR-Zeit
Ältere Bilder zeigen, dMarienkirche2ass die Kirche eingebettet war in eine enge Bebauung von Stadthäusern, deren Mittelpunkt sie darstellte am ehemaligen „Neuen Markt“. Doch nach dem 2. Weltkrieg riss man die noch erhaltenen Altbauten ab, schuf großflächig Raum und begann in den 1960er Jahren mit dem Bau der 11-geschossigen Plattenbauten und des Turms am Alexanderplatz. Der mittelalterliche Stadtgrundriss wurde dabei gänzlich aufgegeben – und somit kam die Marienkirche zu ihrer etwas deplatzierten Wirkung.
Kaum bekannt, aber spannend: Abseits des offiziellen Programms – und wohl ohne Kenntnis der DDR-Offiziellen – besuchte der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King 1964 den Ostteil Berlins. Weil er keinen Pass dabei hatte, wäre der Besuch fast gescheitert, aber ein Grenzbeamter erkannte ihn und ließ ihn nach Ostberlin, wo er in der völlig überfüllten Marienkirche eine Predigt hielt. Die Nachricht des Besuchs Martin Luther Kings verbreitete sich so rasend schnell allein via Mund-zu-Mund-Propaganda, dass all diejenigen Leute, die nicht mehr in die Marienkirche hineinkamen (schon eine Stunde vor Beginn wurde sie geschlossen, weil sie so voll war), quasi geschlossen in die benachbarte Sophienkirche gingen, wo er dann dieselbe Predigt noch einmal hielt. Insgesamt konnten daher knapp 3000 Menschen persönlich teilhaben an diesem fraglos bewegenden Moment.

Die Marienkirche heute
Die Marienkirche ist täglich geöffnet, der Eintritt ist frei – und der Besuch lohnt sich. Ob der barocke Hochaltar von 1762, das gotische Taufbecken von 1437, die Alabasterkanzel von 1702/03 und natürlich das beeindruckende, fast 23m lange Fresko „Totentanz“ aus dem Jahre 1484, als in Europa die Pest wütete. Zur Finanzierung der Restauration des Freskos hat man eine ungewöhnliche Idee gehabt: gegen einen kleinen Obulus kann man einen Mosaikstein erwerben und ihn in eine Mosaik-Replik einfügen. Neben diesen offensichtlichen Highlights gibt es zahlreiche weitere kleine Kunstwerke in der Kirche zu entdecken.
Die Marienkirche ist wirklich ein entzückendes Kleinod, was sich dem geneigten Besucher da eröffnet – so nah am Fernsehturm und den umliegenden Konsumtempeln überrascht sie mit freundlicher und stimmiger Atmosphäre. Definitiv ein Ort zum Einkehren und inne halten.

Quellen:
http://www.marienkirche-berlin.de/c_2_73_0.php?ID=150
http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2014/09/gedenken-predigt-martin-luther-king-marienkirche.html
http://www.berlin.de/775/stadt-im-mittelalter/den-askaniern-auf-der-spur/2310-2260-marienkirche.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Marienkirche_(Berlin-Mitte)
https://www.expedia.de/Marienkirche-Berlin.d6073313.POI
http://www.diegeschichteberlins.de/geschichteberlins/berlin-abc/stichwortehn/585-marienkirche.html