Dirk Wohltorf, der Vorsitzende des IVD Berlin-Brandenburg, und Jan Eder, der Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, stimmten die Besucher mit einer launigen Begrüßung auf den Schwerpunkt des ersten Tages der diesjährigen Branchenveranstaltung ein: Politik, Markt und – angesichts der nahenden Wahlen – auch ein wenig Demoskopie.
Professor Manfred Güllner, Chef des renommierten Forsa-Instituts übernahm dann und fütterte die Debatte mit Fakten und Zahlen zum Thema „Wohnen und Wahlen in Berlin“. Das spannendste und vielleicht unerwartetste Ergebnis seiner Untersuchungen: gut 75% der Berliner würden gerne in den eigenen vier Wänden wohnen, tatsächlich liegt die Eigentumsquote aber deutlich unter 20%. Diese große Diskrepanz aus Wohnwunsch und Wohnrealität veranlasste den Moderator Sven Johns später in der politischen Debatte, immer wieder von „Berlin, der verkappten Eigentümerstadt“ zu sprechen.
„Schaut auf diese Stadt“ – der politische Talk
Die nächste Runde wurde dann sehr konkret. Wohnungspolitiker von SPD, CDU, LINKE, FDP und den GRÜNEN sowie IVD-Präsident Jürgen Michael Schick und Melanie Bähr als Vertreterin der IHK standen zu den Fragen Rede und Antwort.
„Sollte es mehr Wohneigentum geben und wie sollte das erreicht werden?“ war die erste Frage von Moderator Sven Johns an die Runde. Frau Spranger (SPD) sprach sich entschieden für mehr Wohneigentum aus und deutlich gegen eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer. Die SPD sei nicht nur eine Mieterpartei, ließ Sie das Publikum wissen. Herr Brauner von der CDU hatte konkretere Ansätze: von einem Familiendarlehen war ebenso die Rede wie von einem Steuerfreibetrag bis zu 300.000 Euro für Selbstnutzer bei Ersterwerb einer Immobilie sowie eine Rabattierung der Grunderwerbssteuer. Herr Czaja (FDP) stieß ins selbe Horn und setzt sich für einen Steuerfreibetrag von sogar 500.000 Euro für Selbstnutzer ein und die Grunderwerbssteuer solle generell abgesenkt werden auf 3,5%. Lediglich Herr Otto vom Bündnis90/ Die Grünen bot keine konkreten Ideen, warf aber ein, dass Eigentumsförderprogramme generell nur auf Neubauten angewendet werden sollten, da man nicht plane, „Makler mitzuernähren“.
Nun wollte Sven Johns wissen, was denn der vielzitierte kostengünstige Neubau sei? Frau Spranger (SPD) zitierte eine Kappungsgrenze von 5,50 €/qm, bei Neubauten läge man da dann wohl bei 6-8 €/qm. Welche Kappungsgrenze genau sie meint, erschloss sich vermutlich nur ihr selbst. Auch Herr Brauner (CDU) sieht einen realistischen Quadratmeterpreis bei geförderten Wohnungen bei 6,50 €/qm, die Anzahl der geförderten Wohnungen sollte auch noch mal deutlich erhöht werden. Nicht geförderte Wohnungen jedoch sollten frei in ihrer Preisgestaltung bleiben. Einen überraschenden Ansatz bot Herr Otto (B90/Die Grünen): er setzt bei der Fläche an und warf ein, dass im internationalen Vergleich die Berliner einfach in zu großen Wohnungen wohnten. Er zielt auf einen Betrag in Höhe von 30% des Einkommens statt eines Quadratmeterpreises. Ob nach der Mietpreisbremse mit den Grünen jetzt die Wohnflächenbremse kommt, ließ er offen.
IVD-Präsident Jürgen Michael Schick signalisierte den Vertretern der verschiedenen Parteien, dass der Verband ihnen gerne mit seiner Expertise zur Seite stehe in einem Prozess, der sich nun ganz notwendigerweise „vom Wollen zum Handeln“ verwandeln müsse. Er sprach sich explizit für eine Art „Eigenkapitalersatzprogramm für verhinderte Eigentümer“ aus, wie es sie im gewerblichen Bereich bereits gebe, denn mehr Wohnungen würden mittel- und langfristig dafür sorgen, dass sich das Mietniveau wieder entspannt. Der IVD sei „Brückenbauer und Vermittler“ – man handele als Verband sowohl im Interesse der Vermieter als auch der Mieter.
Frau Bähr betonte in diesem Zusammenhang noch einmal die Erkenntnis der Forsa, dass die Kiezstruktur wichtig sei (ca. 44% möchten in einem gewachsenen Kiez wohnen) und betonte die vielzitierte „Berliner Mischung“ – die nur erhalten bliebe, wenn Wohn- und Gewerbeimmobilien gleichermaßen gemeinsam wachsen.
Diese Talk-Runde war gleichermaßen informativ wie unterhaltsam und schnell stellte sich heraus, dass die anvisierten 45 Minuten nicht ausreichen würden, alle Positionen der Anwesenden zu allen Fragen hinreichend darzustellen und so wurde das Publikum nach diesem intensiven Input in die Pause entlassen, um im kleinen Kreis bei Kaffee und Kuchen über die erste Hälfte des ersten Tages des diesjährigen Immobilientages weiter zu debattieren. Ein gelungener Auftakt für diesen Branchenkongress.
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